Korresondenz - national
Offner Brief an EU-Kommissar Junker: Plädoyer für kohärente Entscheidungen in der EU
Plädoyer für kohärente Entscheidungen in der EU
Sehr geehrter
Herr Präsident Juncker,
alle Institutionen der Europäischen Union müssen sich
daran messen lassen, wie sie demokratische und rechtsstaatliche Prinzipien
einhalten und den Regularien folgen, die sich die Gemeinschaft selbst gegeben
hat.
Dies gilt auch für die anstehende Entscheidung der Kommission über die Zulassung für den Anbau von drei gentechnisch veränderten Maislinien (MON810, 1507 und Bt11). Nachdem die Vertreter der 28 Mitgliedsstaaten am 28.03.2017 erneut zu keiner Einigung über die Zulassung gekommen sind, kann dies nach den festgeschriebenen und auch allen Mitgliedern bekannten EU-Regelungen allein aus formalen Gründen nur zu einer Konsequenz führen: Nach der EU-Verordnung Nr. 182/2001 hat die Kommission nun eine Entscheidung herbeizuführen. Entsprechend der gesetzlichen Regelungen (RL 2001/18/EWG und VO (EG) 1829/2003 ist die Erteilung einer Anbaugenehmigung der logische nächste Schritt, denn
- die Europäische Behörde für
Lebensmittelsicherheit (EFSA), zuständig für die Bewertung der
gesundheitlichen und umweltrelevanten Auswirkungen von gentechnisch
veränderten Pflanzen, hat nach eingehender wissenschaftlicher Prüfung
keine Risiken für Umwelt oder Gesundheit festgestellt
- die EU-Kommission ist verpflichtet, sich an
ihre eigenen Regularien zu halten. Nach dem in der Europäischen Union
geltenden Grundsatz der Supranationalität treten die Mitgliedsstaaten ihre
nationale Souveränität ab und üben diese auf europäischer Ebene gemeinsam
aus. So sind die hier verabschiedeten Richtlinien und Verordnungen auch
für alle Mitgliedstaaten verbindlich. Zudem gilt der Grundsatz der
Rechtstreue. Das gesamte System der EU kann nur funktionieren, wenn sich
alle Mitgliedstaaten an die von allen vereinbarten Regeln auch halten, um
Willkür zu verhindern.
·
eine solche Entscheidung sendet ein Signal an einzelne
Mitgliedsstaaten, die Ihre Verantwortung an die EU-Kommission abschieben.
Wer als Teil einer Gemeinschaft durch sein eigenes
Abstimmungsverhalten wiederholt klare Entscheidungen verhindert – wissend, dass
die EU-Kommission nach den gemeinschaftlich festgelegten Regeln somit in
Entscheidungspflicht ist – wird der ihm übertragenen Verantwortung nicht
gerecht. Er macht das Verfahren sowohl zeit- als auch kostenintensiv, indem er
sich versteckt statt zu agieren. Solche leider inzwischen etablierten
Vorgehensweisen mindern nicht nur das Vertrauen in die Arbeit der Europäischen
Union, sondern sind auch Ausdruck einer Missachtung gemeinsamer demokratischer
Prinzipien.
Wir bitten Sie, sehr geehrter Herr Präsident, eben genau nach den für alle EU-Mitglieder geltenden Prinzipien zu handeln und die Zulassung der drei gentechnisch veränderten Maissorten zu veranlassen.
Mit freundlichen Grüßen
Prof. Dr.
Klaus-Dieter Jany, Wissenschaftlerkreis Grüne Gentechnik e.V. (WGG)
Prof. Dr.
Bernd Müller-Röber, Verband Biologie, Biowissenschaften und Biomedizin
in Deutschland (VBIO e.V.)
Prof. Dr.
Andreas Graner, Gesellschaft für Pflanzenzüchtung e.V. (GPZ)
Prof. Dr.
Frank Kempken, Gesellschaft für Genetik e.V. (GfG)
Prof. Dr.
Hans-Jörg Jacobsen, Gesellschaft für Pflanzenbiotechnologie e.V. (GfP)
Prof. Dr.-Ing. habil. Thomas Becker, Lehrstuhl f. Brau- u. Getränketechnologie, TU München
Prof. Dr.
Peter Beyer, Fakultät für Biologie,
Universität Freiburg
Prof. Dr.
Ralph Bock, Max-Planck-Institut für
Molekulare Pflanzenphysiologie, Golm
Prof. Dr. Inge
Broer, Agrar-und Umweltwissenschaftliche Fakultät,
Universität Rostock
Univ.-Prof.
Dr. Lutz Fischer, Fakultät
Naturwissenschaften, Universität Hohenheim
Prof. Wilhelm
Gruissem, Institut für Agrarwissenschaften, ETH Zürich,
Schweiz
Prof. Dr.
Christian Jung, Institut für
Pflanzenzüchtung, Christian-Albrechts-Universität zu Kiel
Prof. Dr.
Regine Kahmann, Max-Planck-Institut für
terrestrische Mikrobiologie, Marburg
Prof. Dr. Beat
Keller, Institut für Pflanzenbiologie, Universität
Zürich, Schweiz
Prof. Dr.
Karl-Heinz Kogel, Institut für
Phytopathologie Justus-Liebig-Universität Giessen
Prof. Dr.
Wolfgang Nellen, Johann Gottfried Herder Fellow, Universitas Brawijaya, Malang, Indonesien
Prof. Dr. Ingo Potrykus, Emeritus
Plant Sciences, ETH Zürich, Schweiz
Prof. Dr.
Holger Puchta, Botanisches Institut,
Karlsruher Institut für Technologie (KIT)
Prof. Dr.
Matin Qaim, Department für
Agrarökonomie und Rurale Entwicklung, Universität Göttingen
Prof. Dr. Ralf
Reski, Institut für Pflanzenbiotechnologie, Universität
Freiburg
Prof. Dr.
Andreas Weber, Institut für
Pflanzenbiochemie, Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf
Prof. Dr.
Detlef Weigel, Max-Planck-Institut für Entwicklungsbiologie,
Tübingen
Prof. Dr. Justus Wesseler, Wageningen University and Research, Wageningen,
Niederlande