GMSAFOOD: Biomarker für die Überwachung von kurz- und langfristigen Auswirkungen gentechnisch veränderter Organismen (GVO) auf die Gesundheit von Mensch und Tier
Auftraggeber: EU-Kommission (7. Forschungsrahmenprogramm)
Gesamtkosten: EUR 3 424 810,58
EU-Förderung: EUR 2 606 622
Dauer: Januar 2008 bis März 2012
Koordinator: Österreich/ Medizinische Universität Wien
Projektpartner: 8 (aus 5 Ländern)
Das EU-Forschungsprojekt GMSAFOOD wurde durchgeführt, um eine Strategie
für die Überwachung von gentechnisch veränderten Organismen (GVO) nach dem
Inverkehrbringen zu entwickeln. Im Rahmen der Untersuchung wurden Lachse,
Schweine, Ratten und Mäuse- mit zwei gv-Pflanzen (Alpha-Amylase-Inhibitor
(alphaAi )-Erbsen und BT-Mais (MON810))gefüttert.
Zusammenfassung
In ihren über
drei Jahre angelegten Studien untersuchten die Wissenschaftler mögliche
Langzeitrisiken durch Verfütterung von gentechnisch verändertem Bt-Mais MON810
und einer gentechnisch veränderten alphaAi-Erbse auf Schweine, Lachse und
Mäuse. Mit ihrer Arbeit wollten sie zudem geeignete Biomarker finden, um
mögliche schädigende Effekte von bereits zugelassenen, gentechnisch veränderten
(gv) Lebensmitteln auf Menschen
empfindlicher nachweisen zu können.
Das von der
Europäischen Kommission finanzierte GMSAFOOD-Konsortium bestand aus Partnern
aus Österreich (Medizinische Universität Wien), der Türkei, Ungarn, Irland,
Norwegen und Australien. Es stellte ein interdisziplinäres Team aus
Veterinärmedizin, Ernährung, Landwirtschaft, Immunologie und Medizin dar.
Hintergrund
Die Funktion
der Überwachung nach dem Inverkehrbringen besteht darin, mögliche
ernährungsbedingte und gesundheitliche Auswirkungen von zugelassenen
gentechnisch veränderten (gv) Lebensmitteln auf menschliche und tierische
Konsumenten weiter zu bewerten. Ziel des Projektes sollte sein, eine Reihe von
anatomischen, physiologischen, biochemischen, molekularen, allergenen und immunogenen
Biomarkern zu identifizieren, die zur Vorhersage von möglichen schädlichen
GVO-Effekten nach der Zulassung verwendet werden können. Die Wissenschaftler
des Forschungsprojektes GMSAFOOD hatten sich zum Ziel gesetzt, mit Hilfe von
Biomarkern noch zielgerichteter nach möglichen gesundheitsschädlichen Effekten
von gv-Lebensmitteln zu fahnden. Biomarker sind biologische Merkmale eines
Organismus, die sich objektiv messen lassen und mögliche krankhafte Prozesse in
einem Körper anzeigen. Dazu gehören beispielsweise einfache anatomische
Merkmale wie Wachstumsgeschwindigkeit oder bestimmte Stoffe im Körper, die
auffällige immunologische oder allergische Reaktionen auf ein Lebensmittel
anzeigen können. Geeignete Biomarker, die negative gesundheitliche Effekte anzeigen
können, sollten im Tierversuch mit Schweinen, Mäusen und Lachsen ermittelt und
mit modernen Methoden der Bioinformatik auf die Anwendbarkeit bei Menschen
überprüft werden. Damit könnte man auch tatsächliche Auswirkungen bereits
zugelassener gv Lebensmittel auf Menschen und Tiere im Rahmen eines Post Market Monitorings (PMM) sensitiver
überprüfen.
Durchführung
In ihren
Studien verfütterten die Forscher zwei verschiedene gentechnisch veränderte
Pflanzen an die Versuchstiere. Zum einen verwendeten sie in Spanien
zugelassenen und angebauten Bt-Mais MON810.Bei der zweiten gentechnisch
veränderten Pflanze handelte es sich um eine in Australien entwickelte Erbse,
die das Gen für einen sogenannten Amylase-Inhibitor
(Amylase= Enzym, das Stärke in Zucker aufspaltet; Inhibitor = Hemmstoff) aus
Bohnen enthält. Dieses Protein verleiht der Erbse eine Resistenz gegenüber dem
Schädling Erbsensamenkäfer. Eine 2005 veröffentlichte Studie (https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/16277398
) kam zu dem Schluss, dass das neue
Protein in der Erbse allergische Reaktionen bei Menschen und Tieren verursachen
könnte. In der Bohne würde dieses Protein nicht zu solchen Effekten führen. Für
diese gentechnisch veränderte Pflanze wurde daher keine Zulassung beantragt.
Das Hauptziel
von GMSAFOOD bestand darin, einen Ansatz zur Identifizierung potenzieller
Biomarker für gentechnisch veränderte Organismen (GVO) nach der Zulassung zu
entwickeln. Die Arbeit wurde in sechs experimentellen und einem analytischen
Arbeitspaket organisiert:
·
Molekulare Analyse der Zucker, die an den
alpha-Amylase-Inhibitor (AAI) gebunden sind, in transgenen Erbsen, Augenbohnen,
Kichererbsen sowie in verschiedenen Bohnensorten (Australien)
·
AAI-Erbsen- und Bt-Mais-Fütterungsstudien an Schweinen
(Irland)
·
AAI Erbsen- und Bt-Mais-Fütterungsstudien in Lachs und
Zebrafisch (Norwegen)
·
Erbsen- und Bt-Mais-Fütterungsstudien an Mäusen und
Menschen mit schwerer kombinierter Immundefizienz, das heißt unterschiedlichen
und mehrfachen Erkrankungen des Immunsystems (Österreich)
·
Fütterungsstudien, bei denen Ratten mit Schweinefleisch und
Lachs gefüttert wurden, die mit Bt-Mais
ernährt wurde(Norwegen)
·
Epitop-Mapping (Epitope = umschriebene molekulare
Strukturen bzw. Molekülabschnitte eines Antigens, die eine spezifische
Immunantwort auslösen können; Epitop-Mapping = beschreibt die Bestimmung von
Epitopen auf Antigenen) und Antikörperbestimmungen (Ungarn)
·
Entwicklung einer neuartigen Bioinformatik-Strategie zur
Identifizierung von Biomarkern für die Überwachung zugelassener GVO nach dem
Inverkehrbringen
Ergebnisse und Schlussfolgerungen
Ø
Die molekulare Analyse der Zucker, die an den
alpha-Amylase-Inhibitor angeheftet waren, zeigte signifikante Unterschiede in
den Glykosylierungsmustern in transgenen Erbsen-, Kuhbohnen-, Kichererbsen-,
Tendergreen- und Pinto-Bohnen-Varietäten. Es zeigt, dass diese nicht auf eine
gentechnik-spezifische posttranslatorische Modifikationen zurückzuführen sind,
sondern auf die jeweils pflanzenspezifische Glykosylierungskapazität.
Ø
AAI-Erbsen- und Bt-Maisfütterungsstudien an Schweinen
ergaben keine nachteiligen Auswirkungen auf die Gesundheit der Elterntiere und deren Nachkommen
Ø
AAI-Erbsen- und Bt-Mais-Fütterungsstudien mit Lachs und
Zebrafisch zeigten keine nachteiligen Auswirkungen auf deren Gesundheit .
Ø
AAI-Erbsen- und Bt-Maisfütterungsstudien in Mausmodellen
ergaben keine GVO-spezifischen allergenen oder adjuvanten Auswirkungen von
alphaAmylase-Inhibitor-Erbsen.
Ø
Fütterungsstudien, in denen Ratten Fleisch von Schweinen
und Lachsen erhielten, die wiederum mit Bt-Mais gefüttert worden waren, zeigten
keine nachteiligen Auswirkungen auf die Gesundheit. Definierte Epitope für AAI
und Bt plus AAI Antikörperbestimmungen wurden ermittelt.
Die
Fütterungsversuche, die teilweise auch über die gesamte Lebenszeit der Tiere
andauerten, zeigten weder bei Schweinen noch bei Mäusen oder bei Lachsen
negative Veränderungen im Stoffwechsel. Auch die Nachkommen der mit den
gv-Pflanzen gefütterten Tiere gingen in die Auswertung mit ein, ohne dass die Forscher
dabei abweichende Stoffwechselparameterfeststellen konnten.
Irische Wissenschaftler
fütterten im Rahmen des Projekts drei Jahre lang Schweine mit gentechnisch
verändertem Bt-Mais. Es wurden Kurzzeit-
(31 Tage), mittelfristige (110 Tage) und Generationen-Schweinefütterungsstudien
durchgeführt, bei denen die Gesundheit von Ferkeln von Sauen, denen Bt-Mais
verfüttert wurde, untersucht wurde. Es wurden keine unerwünschten Wirkungen
beobachtet. Das Schwein gilt aufgrund seiner Ähnlichkeiten in der Magen-Darm-Anatomie
und -Physiologie als ausgezeichnetes Modell für Menschen.
Norwegische
Forscher führten Fütterungsstudien an Lachsen durch. Ebenfalls aus Norwegen
stammte eine Fütterungsstudie. Hier wurden Ratten mit dem Fleisch von Schweinen
und Fischen, die mit schädlingsresistenten Bt-Mais gefüttert worden waren,
ernährt. Auch in diesem Fall waren die Ergebnisse eindeutig: Die Ratten zeigten
keine negativen Auswirkungen.
Bei den in
Österreich durchgeführten Studien zeigte sich, dass das Bohnenprotein in den
gentechnisch veränderten Erbsen bei Mäusen allergische Reaktionen auslösen
kann. Doch dieser Effekt sei vorhersehbar, weil auch bereits das natürliche
Amylase-Inhibitor-Protein in der Bohne sehr ähnliche Reaktionen bei den
Versuchen der GMSAFOOD-Forscher auslösen konnte. Im Rahmen einer
Sicherheitsbewertung für die Zulassung solcher Pflanzen kann dies somit
berücksichtigt werden.
Weitere Informationen:
Projekt: http://cordis.europa.eu/project/rcn/87817_en.html
Webseite: http://www.gmsafoodproject.eu/
Zugehörige
Veröffentlichungen:
High-Throughput
Sequence-Based Analysis of the Intestinal Microbiota of Weanling Pigs Fed Genetically
Modified MON810 Maize Expressing Bacillus thuringiensis Cry1Ab (Bt Maize) for
31 Days http://aem.asm.org/content/78/12/4217
Effects of Feeding Bt
MON810 Maize to Pigs for 110 Days on Peripheral Immune Response and Digestive
Fate of the cry1Ab Gene and Truncated Bt Toxin http://journals.plos.org/plosone/article?id=10.1371/journal.pone.0036141
Effects of Feeding Bt
Maize to Sows during Gestation and Lactation on Maternal and Offspring Immunity
and Fate of Transgenic Material http://journals.plos.org/plosone/article?id=10.1371/journal.pone.0047851
Ontogeny of the Digestive System of Atlantic
Salmon (Salmo salar L.) and Effects of Soybean Meal from Start-Feeding
http://journals.plos.org/plosone/article?id=10.1371/journal.pone.0124179
Fate of Transgenic DNA
from Orally Administered Bt MON810 Maize and Effects on Immune Response and
Growth in Pigs: http://journals.plos.org/plosone/article?id=10.1371/journal.pone.0027177
Bt-maize (MON810) and Non-GM Soybean Meal in
Diets for Atlantic Salmon (Salmo salar L.) Juveniles – Impact on
Survival, Growth Performance, Development, Digestive Function, and
Transcriptional Expression of Intestinal Immune and Stress Responses: http://journals.plos.org/plosone/article?id=10.1371/journal.pone.0099932
Genetically Modified α-Amylase Inhibitor Peas Are Not Specifically Allergenic in Mice: http://journals.plos.org/plosone/article?id=10.1371/journal.pone.0052972
Effects of feeding Bt MON810 maize to sows during
first gestation and lactation on maternal and offspring health indicators: https://www.cambridge.org/core/journals/british-journal-of-nutrition/article/effects-of-feeding-bt-mon810-maize-to-sows-during-first-gestation-and-lactation-on-maternal-and-offspring-health-indicators/FBDCCF98741148350E05BF03D0E984C1
The Effect of Feeding Bt MON810 Maize to Pigs for
110 Days on Intestinal Microbiota: http://journals.plos.org/plosone/article?id=10.1371/journal.pone.0033668
Vorträge der Abschlusskonferenz am 06. und 08. März 2012 in Wien:
Teagasc, Maria Walsh und Stefan Buzoianu: http://youtu.be/uaN_ajxzZGU
Ashild Krogdahl: http://www.youtube.com/watch?v=7nYiRJS-CZM&feature=relmfu
TJ Higgins: http://www.youtube.com/watch?v=gHUKE_luMR8&feature=relmfu
Peadar Lawlor: http://www.youtube.com/watch?v=JRKJmSU0Eq0&feature=relmfu
Press conference GMSAFOOD conference Michelle Epstein:http://www.youtube.com/watch?v=JkivByhMNCo&feature=relmfu
Report: http://www.gmsafoodproject.eu/Conference/MagazineGMSAfood_webQ.pdf