14. Februar 2025

Anmerkungen zum zweiten Vorschlag der polnischen Ratspräsidentschaft zur Regulierung bestimmter Pflanzen, die aus neuen genomischen Techniken (NGT) stammen

Am 6. Februar 2025 hat die polnische EU-Ratspräsidentschaft einen zweiten Vorschlag in Umlauf gebracht, der auf der nächsten Sitzung der Ratsarbeitsgruppe „Genetische Ressourcen und Innovation in der Landwirtschaft“ am 14. Februar 2025 diskutiert werden soll.

Wir hatten Zugang zu einer Kopie dieses Dokuments.

Die polnische Präsidentschaft ist nach wie vor daran interessiert einen Text zu erarbeiten, der eine qualifizierte Mehrheit unter den Mitgliedsstaaten erhalten kann. Sie hat daher die Kommentare der Mitgliedsstaaten zu ihrem Vorschlag vom 7. Januar berücksichtigt und ihn nun überarbeitet.

In ihrem zweiten Vorschlag hat die polnische Ratspräsidentschaft alle unter der spanischen und belgischen Präsidentschaft vereinbarten Änderungen beibehalten und fügt neue Bestimmungen hinzu, die sich mit patentrechtlichen Fragen befassen, ohne jedoch die Einschränkungen ihres ersten Vorschlags zu vernachlässigen. 

Wie in unseren Anmerkungen vom 13. Januar 2025 haben wir uns dafür entschieden, die wichtigsten vorgeschlagenen Änderungen zu kommentieren:

1.  In den Erwägungsgründen betont die polnische Präsidentschaft

1)  die Notwendigkeit, Transparenz bei Patenten für NTG-Pflanzen zu schaffen, 

2)  den Zugang der Züchter zu diesen Pflanzen zu FRAND-Bedingungen (fair, vernünftig und                                  diskriminierungsfrei) sowie

3)  die Nützlichkeit von Richtlinien für die Züchter, um ihre Handlungsfreiheit zu gewährleisten.

Neuer Erwägungsgrund 14 (c): „Das Gleichgewicht zwischen einem wirksamen Schutz von Erfindungen und der Förderung von Forschung und Entwicklung einerseits und einem breiten Zugang zu Sorten, die der Entwicklung neuer Sorten dienen, andererseits sollte gewahrt werden. Die Bereitstellung von NGT-Pflanzen für Züchter zu fairen, angemessenen und nichtdiskriminierenden Bedingungen ist geeignet, zur Entwicklung neuer Sorten beizutragen und die Entwicklung und das Inverkehrbringen von Pflanzen und ihren Erzeugnissen, die durch NGTs gewonnen wurden, weiter zu fördern.“

Einfügen eines Satzes am Ende von Erwägungsgrund 16: „Aus demselben Grund sollten zur Gewährleistung der Transparenz der Züchtungsaktivitäten vor der absichtlichen Freisetzung, einschließlich des Inverkehrbringens, Erklärungen über die Art des Patentschutzes für Pflanzen der Kategorie 1 NGT vorgelegt werden. Gleichzeitig hat das Bestehen eines Patentschutzes keinen Einfluss auf die Erlangung des Status eines NGT der Kategorie 1, der ausschließlich auf wissenschaftlichen Äquivalenzkriterien beruht.“

Einfügen des Satzes Ende von Erwägungsgrund 21: „Aus Gründen der Transparenz sollten die Patentinformationen auch in die Datenbank aufgenommen werden [die Informationen über den Status der NGT-1-Pflanze und ihre Identifikationsnummer enthalten soll]“.

Neuer Erwägungsgrund 46(c):Züchter können von hilfreichen Leitlinien sich im Gebiet des geistigen Eigentums an Pflanzen zurechtzufinden. Die Kommission sollte daher Leitlinien veröffentlichen, die den Marktteilnehmern, insbesondere Züchtern, dabei helfen, sich im Umfeld des geistigen Eigentums an Pflanzen zurechtzufinden.“

Anmerkung: Diese Erwägungsgründe befassen sich mit Fragen des geistigen Eigentums, einschließlich der Transparenz, die für Patentanmeldungen erforderlich ist. Sie beziehen sich auf Pflanzen, die Merkmale enthalten, die durch verschiedene Techniken erhalten werden können. Im Wesentlichen stimmen AFBV und WGG der Notwendigkeit zu, Transparenz für Patente zu schaffen, die Pflanzen abdecken können. Aber der Ort für solche Maßnahmen ist nicht hier, sondern in einem geeigneteren Text wie dem Entwurf der Verordnung über pflanzliches Vermehrungsmaterial (PRM)1 und müssen für alle Techniken gelten, die zur Einführung von Pflanzenmerkmalen verwendet werden und nicht nur für NGTs.

 

2.  Um Transparenz über Patente zu schaffen, die NTG-1-Pflanzen abdecken können, schlägt die              polnische Ratspräsidentschaft vor, zum Zeitpunkt des Überprüfungsverfahrens

1)  den Entwickler zu verpflichten, eine Erklärung vorzulegen, in der das Vorhandensein oder  Nicht-                    vorhandensein von Patenten für Produkte oder Verfahren, die Pflanzeneigenschaften der  zu                            überprüfenden Pflanze abdecken, angegeben wird, und

2)  optional eine Erklärung des Patentinhabers, in der er sich bereit erklärt, den Gegenstand des Patents zu        FRAND-Bedingungen (fair, vernünftig und nicht diskriminierend), die auf dem Gebiet der EU gelten, zu          lizenzieren. 

Einfügung der Absätze 3x und 3xx in Artikel 6:

„3x. Der Antragsteller muss eine schriftliche Erklärung (Patentinformation) vorlegen:

(a) Patente für Erzeugnisse, die Veränderungen von biologischem Material beanspruchen, die zu besonderen Merkmalen führen, zu identifizieren; oder

(b) Patente für Verfahren, mit denen Veränderungen von biologischem Material beansprucht werden, die zu bestimmten Merkmalen führen, zu identifizieren, oder

(c) die Bestätigung, dass es keine Patente gemäß den Buchstaben a) und b) gibt.“

„3xx. Der Antragsteller kann eine schriftliche Erklärung eines Patentinhabers vorlegen, in der er seine Bereitschaft bestätigt, eine Lizenz für den geschützten Gegenstand zu fairen, angemessenen und nichtdiskriminierenden Bedingungen zu erteilen, die im Gebiet der Union gilt (Lizenzerklärung).“ 

Ähnliche Anforderungen werden in die Absätze 2x und 2xx von Artikel 7 aufgenommen.

Anmerkung: Wie bereits erwähnt, sind derartige Anforderungen gerechtfertigt, aber nach unserer Auffassung sollten sie durch ein anderes Rechtsinstrument [1] als die von der Kommission vorgeschlagene NGT-Verordnung geregelt werden. Sie sollten für alle durch ein Patent geschützten Sorten gelten und nicht nur für diejenigen, die von NTG-1-Pflanzen stammen. Es ist anzumerken, dass in der obigen Formulierung Informationen zum Zeitpunkt des Überprüfungsverfahrens verlangt werden, was eigentlich nicht der richtige Zeitpunkt ist, um diese Informationen zu verlangen, da die zur Überprüfung eingereichte Pflanze den Züchtern nicht zugänglich ist. Erst die eingetragene Sorte, sobald sie vermarktet wird, ist den Züchtern zugänglich, und für diese sind die Informationen im Zusammenhang mit den Patenten erforderlich.

3.   In einem neuen Absatz von Artikel 29 (Leitlinien) schlägt die polnische Ratspräsidentschaft die        Veröffentlichung von regelmäßig aktualisierten Leitlinien vor, die den Marktteilnehmern,                    einschließlich der Züchter, dabei helfen sollen, sich im Umfeld des geistigen Eigentums, der                Patente, zurechtzufinden:

Einfügen von Absatz 3 am Ende von Artikel 29:

„(3) Die Kommission veröffentlicht, überprüft und aktualisiert erforderlichenfalls Leitlinien, um die Marktteilnehmer, insbesondere die Züchter, bei der Orientierung in der Landschaft des geistigen Eigentums an Pflanzen zu unterstützen. Bei der Ausarbeitung der Leitlinien konsultiert die Kommission die zuständigen Ämter für geistiges Eigentum der Mitgliedstaaten. In den Leitlinien wird zumindest Folgendes angegeben

(a) bestehende Pflanzenlizenzierungsplattformen und deren Mitglieder;

(b) bestehende öffentliche Einrichtungen, die den Zweck haben, Pflanzenzüchter in Fragen des geistigen Eigentums zu         unterstützen;

(c) bestehende Datenbanken, die es den Unternehmern ermöglichen, die für eine bestimmte Pflanze geltenden Rechte         des geistigen Eigentums zu ermitteln;

(d) grundlegende Informationen über die Formen und Bedingungen des Schutzes des geistigen Eigentums an Pflanzen,          einschließlich Informationen über Zwangslizenzen und Ausnahmen.“

Anmerkung: Obwohl solche Informationen für Unternehmer nützlich sind, scheint der Entwurf der PRM1-Verordnung, der sich auf alle Sorten aller Arten bezieht, dafür ein geeigneteres Instrument zu sein. Die Analyse der Betriebsfreiheit ist eine Aufgabe, die jeder Marktteilnehmer für sich selbst durchführen muss, wobei er von einem kompetenten Berater auf dem Gebiet des geistigen Eigentums unterstützt werden kann. Es stellt sich die Frage, ob die Kommission die geeignete zuständige Behörde ist, um die unter den Buchstaben a) bis d) genannte Unterstützung zu leisten, und nicht eine andere zuständige EU-Institution wie das Gemeinschaftliche Sortenamt. 

4.   In Artikel 30bis4 schlägt Polen weiterhin vor, dass die Kommission ihre laufende Studie über Patente ein              Jahr nach dem Inkrafttreten der NGT-Verordnung vorlegt.

Anmerkung: Wir haben erfahren, dass die Studie der Kommission über Patente derzeit unter der Aufsicht der GD GROW durchgeführt wird. Wir sind nach wie vor der Meinung, dass es für die Kommission besser wäre, die Ergebnisse ihrer Studie so bald wie möglich zu veröffentlichen, anstatt drei Jahre zu warten (da es zwei Jahre nach der Verabschiedung der Verordnung dauern wird, bis sie in Kraft tritt).

5.   Zusätzliche abschließende Beobachtungen

Die polnische Präsidentschaft hat sehr konstruktive Vorschläge zum Thema Patente für NGT-1-Pflanzen gemacht. Diese Vorschläge sollten jedoch für alle Patente gelten, die sich auf Pflanzen beziehen können, unabhängig von der verwendeten Technik, und sollten daher im Entwurf der PRM1-Verordnung angemessener behandelt werden.

Wir hoffen, dass die von der polnischen Präsidentschaft initiierten Diskussionen zu einer qualifizierten Mehrheit für den Kommissionsentwurf führen werden.

In der folgenden Tabelle fassen wir kurz die vier Vorschläge zusammen, die der AFBV und die WGG zum Thema geistiges Eigentum gemacht haben:

Wir bekräftigen unsere Wünsche für den Erfolg der Bemühungen des polnischen Ratsvorsitzes, eine qualifizierte Mehrheit für den Vorschlag zu erreichen. 

Thierry Langin                                                                          Prof. Dr. Klaus-Dieter Jany

President                                                                                      Vorsitzender

French Association of                                                                     Wissenschaftlerkreis Genomik und

Plant Biotechnology (AFBV)                                                            Gentechnik e.V. (WGG)

Email: afbv.secretariat@gmail.com                                                 jany@wgg-ev.de

   Website: https://www.biotechnologies-vegetales.com                       https://www.wggev.de/

Philippe Dumont

Member of the Board of Directors, AFBV

 

 

[1] Proposal for a Regulation on the production and marketing of plant reproductive material in the Union

https://food.ec.europa.eu/plants/plant-reproductive-material/legislation/future-eu-rules-plant-and-forest-reproductive-material_en

 

 

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