Korrespondenz - national / offene Briefe

ZKBS-Özdemir: Handlungsblockade der ZKBS gefährdet die Forschung in Deutschland

                                              Frankfurt/Main, den 27.03.2023

 

Handlungsblockade der ZKBS gefährdet die Forschung in Deutschland

 

Sehr geehrter Herr Bundesminister Özdemir,

mit großer Sorge beobachten wir die fortschreitende Arbeitsunfähigkeit der Zentralen Kommission für biologische Sicherheit (ZKBS), bedingt durch die augenscheinliche Verzögerung von Neubesetzungen einer noch nie dagewesenen Vielzahl der dort offenen Positionen.

Die ZKBS ist ein ehrenamtlich tätiges Expertengremium, das gentechnisch veränderte Organismen (GVO) auf mögliche Risiken für den Menschen, Tiere und die Umwelt prüft und entsprechende Stellungnahmen abgibt. Diese gelten als Richtlinien für die jeweiligen Landes- und Bundesbehörden, die für die Bewilligung genetischer Vorhaben zuständig sind. Wie Sie als verantwortlicher Minister wissen, betrifft eine Arbeitsunfähigkeit der ZKBS alle Forschungsvorhaben mit gentechnischen Aspekten. So können beispielsweise notwendige Forschungsarbeiten zur Entwicklung von Impfstoffen, Krebstherapeutika oder Gentherapien ohne eine vorherige Bewertung durch die ZKBS nicht stattfinden. Das bedeutet, die von der ZKBS bereits angekündigte Arbeitsverzögerung betrifft große Teile der Lebenswissenschaften – insbesondere die Erforschung von Viren, für die gentechnische Methoden unverzichtbar sind. Das Ausmaß der negativen Auswirkungen für den Forschungsstandort Deutschland – insbesondere für den Bereich der Virologie – bedarf an dieser Stelle sicherlich keiner näheren Beschreibung.

Das ZKBS besteht aus zwölf ehrenamtlichen Sachverständigen und der gleichen Anzahl an stellvertretenden Mitgliedern sowie acht Sachkundigen mit ebenfalls der gleichen Anzahl an vertretenden Personen. Das Berufungsverfahren ist zugegebenermaßen kompliziert und hat schon häufiger zu einigen Verzögerungen geführt. Schlussendlich jedoch konnte es bislang immer bewerkstelligt werden, eine Handlungsunfähigkeit des so wichtigen Gremiums stand noch nie im Raum. Dieser Zustand ist in der Tat ein Novum. Die dafür angeführten Gründe sind wiederum sachlich nicht nachvollziehbar: So gibt es offensichtlich das Problem, dass die beiden Positionen für Sachkundige aus Umweltschutz und Naturschutz aufgrund von Uneinigkeiten der Ministerien bisher nicht besetzt wurden. Und in Konsequenz wird die Neu- bzw. Wiederbesetzung von insgesamt 12 Sachverständigen bzw. deren Vertretung verzögert, anstatt diese zunächst zügig und unter dem vorrangigen Gesichtspunkt der fachlichen Befähigung umzusetzen. Das hat dramatische Konsequenzen, denn mit den zunehmenden unbesetzten Positionen verliert die ZKBS in Kürze ihre Beschlussfähigkeit.

Sehr geehrter Herr Bundesminister, wir bitten Sie, die Aufrechterhaltung bedeutender Teile des Forschungsbetriebes in Deutschland weiterhin zu gewährleisten, indem Sie dafür Sorge tragen, dass die Stellenbesetzung innerhalb der ZKBS ab sofort zügig und unter rein fachlichen Aspekten verläuft. Eine Schlüsselinstitution im Bereich der wissenschaftlichen Forschung und Prüfung darf nicht zum politischen Spielball werden.

 

Mit freundlichen Grüßen

Prof. Dr. Klaus-Dieter Jany

Vorsitzender  Wissenschaftskreis Genomik und Gentechnik e.V. (WGG)

 

 

Das Ministerium bzw. Minister Özdemir hat auf den Brief nach der Neusetzung der offenen Stellen bei der ZKBS geantwortet.

Antwortschreiben von Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir vom 24.Juli 2023

Nach oben scrollen