Weizen

Mehltauresistenz

Weizen zählt zu den wichtigsten Grundpfeilern der Welternährung und stellt bei der Weltgetreideernte nach Mais die Nummer zwei in der Rangliste der am häufigsten angebauten Getreidesorten dar. In Deutschland führt er diese Liste an. Weizen ist für Menschen in vielen Ländern ein Grundnahrungsmittel (Brotgetreide) und hat eine große Bedeutung in der Tiermast.

 

Mehltau ist eine weit verbreitete Pilzkrankheit, die Weizen und andere Getreidearten befällt. Er hat in allen Anbaugebieten große, negative Auswirkungen. Ertragsverluste können je nach Befall bis zu 30 % betragen. Der Pilz wird vor allem mit Pflanzenschutzmitteln (Fungiziden) bekämpft. Um den Einsatz solcher Mittel zu reduzieren, ist es schon lange ein wichtiges Ziel in Pflanzenforschung und -züchtung, Weizen gegen diese Erkrankung widerstandsfähiger zu machen.

Heute weiß man sehr viel darüber, wie der Pilz die Pflanze angreift: Er siedelt zwischen den Pflanzenzellen und zapft diese an, um an Nährstoffe zu kommen. Das macht er mit einer Art Schlauch, die er in die Zelle einführt. Um in die Pflanzenzelle eindringen zu können, benötigt der Erreger ein bestimmtes Protein auf der Oberfläche der Zelle, welches er für seine Zwecke manipuliert: das MLO-Protein (mildew resistance locus).

Schon in den 1930er Jahren fand man in Äthiopien Gerstenpflanzen einer Landrasse, die gegen Mehltau eine natürliche Resistenz aufwiesen. Aber erst viel später entdeckte man den Grund dafür: Eine zufällige Mutation (d.h. eine spontan auftretende, dauerhafte Veränderung des Erbgutes) in dem Gen, das für die Bildung des MLO-Proteins verantwortlich ist. Durch diese Mutation wird die Information zur Bildung des MLO-Proteins nicht mehr „richtig“ abgelesen und dem Pilz so die Grundlage für ein Eindringen in die Pflanzenzelle entzogen. 2006 konnten Wissenschaftler des Max-Planck-Institutes für Züchtungsforschung in Köln gemeinsam mit Kollegen aus Frankreich, Dänemark und England den natürlichen Resistenzmechanismus in Gerste entschlüsseln.

Die natürlicherweise, dank der Mutation im MLO-Gen resistente Gerste wurde erfolgreich in europäische Kultursorten eingekreuzt. Heute besitzt über die Hälfte aller Gerstensorten diese Mutation im MLO-Gen. Weizen durch eine Mutation des MLO-Gens mit einer Resistenz gegen Mehltau auszustatten, ist allerdings schwierig. Denn Weizen hat ein sehr komplexes Genom (die Gesamtheit der Erbanlagen), das etwa sechsmal so groß ist wie das des Menschen. Genauer: Weizen ist hexaploid. Alle Gene liegen deshalb dreifach vor. Um zu erreichen, dass das MLO-Protein nicht mehr gebildet wird, müsste in allen drei MLO-Genen gleichzeitig eine Mutation erzeugt werden. Das ist mittels herkömmlicher Züchtung und auch klassischer Gentechnik nahezu unmöglich. Deshalb gibt es bis heute keine Weizensorten mit MLO-Resistenz auf dem Markt.

 

Mit den Methoden des Genome Editings, insbesondere CRISPR/Cas9, stehen nun neue Werkzeuge zur Verfügung, mit denen zielgenau Mutationen im hexaploiden Genom durchgeführt werden können. Das eröffnet die Chance, auch bei Weizen eine wirksame, dauerhafte Resistenz gegen Mehltau zu erreichen. Denn nun ist es möglich, alle drei MLO-Gene gleichzeitig auszuschalten. Voraussetzung dabei ist, dass man die Stelle im Genom des Weizens, die eine Mutation erhalten soll, genau kennt. 

2014 ist es chinesischen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern von der Chinese Academy of Science (Wang et al., 2014) erstmals gelungen, gegen Mehltau resistenten Weizen zu erzeugen, indem sie alle MLO-Gene mit CRISDPR/Cas9 ausgeschaltet haben. In den USA werden diese editierten Weizensorten bereits im Freiland getestet. Die dortigen Behörden haben offiziell bestätigt, dass sie nicht unter die Gentechnik-Vorschriften fallen werden.

Auch in Deutschland wird an der Erzeugung von mehltauresistentem Weizen mittels neuer Züchtungsmethoden geforscht. An der Universität Gießen arbeitet ein Team um Prof. Dr. Karl-Heinz Kogel in einem erfolgversprechenden Projekt.

 

Mehltau befällt nicht nur Getreide, sondern auch andere Pflanzen und von wirtschaftlicher Bedeutung ist hier Kernobst, Tomaten, Gurken, Kürbisse usw.  

 

Links:

Wang, Y., Cheng, X., Shan, Q. et al. Simultaneous editing of three homoeoalleles in hexaploid bread wheat confers heritable resistance to powdery mildew. Nat Biotechnol 32, 947–951 (2014). https://doi.org/10.1038/nbt.2969

https://www.nature.com/articles/nbt.2969

https://www.raiffeisen.com/pflanzen/ackermanager/weizen_mehltau.html

https://www.transgen.de/lexikon/2672.mehltau.html

(http://www.helmholtz-muenchen.de/fileadmin/GSF/pdf/publikationen/jahresberichte/2006/38_Mehltau.pdf ;

https://www.mpipz.mpg.de/157713/research_report_348869?c=7933 ; https://www.mpg.de/518962/pressemitteilung20060526

https://www.deutschlandfunk.de/freiheit-fuer-den-acker-europa-entscheidet-ueber-neue.740.de.html?dram:article_id=418857

https://www.zeit.de/wissen/2018-11/crispr-gentechnik-designerbabys-china-embryonen-pflanzen

https://www.pflanzen-forschung-ethik.de/konkret/weizen.html

https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/25038773

https://experiments.springernature.com/articles/10.1007/978-1-4939-7337-8_11

https://royalsocietypublishing.org/doi/abs/10.1098/rstb.2018.0322

 

https://bio-kultur.org/2017/12/14/die-zukunft-des-weizens-hybrid-zuechtung-genome-editing-oder-evolutionaere-zuechtung/

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