Pappel
Pappeln als nachwachsender Rohstoff
Mit der wachsenden Weltbevölkerung geht auch ein Anstieg des Energiebedarfs einher, der nur mit einem starken Ausbau von nachwachsenden Energieträgern gedeckt werden kann, insbesondere in Hinblick auf die Einhaltung von vereinbarten Klimaschutzzielen. Das ist der Ansatzpunkt von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern weltweit, die mithilfe neuer Züchtungsmethoden wie CRISPR/Cas9 neue Wege der nachhaltigen Erzeugung und Nutzung nachwachsender Rohstoffe erschließen. So auch von Forscherinnen und Forscher des Thünen Instituts für Forstgenetik in Großhansdorf, die die Methoden zur Genomeditierung von Pappeln untersuchen.
Schnell
wachsende Bäume wie die Pappel könnten erheblich zur Erzeugung von Bioenergie
beitragen. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Thünen Instituts
haben das Ziel, Pappeln mithilfe von Genome
Editing so zu optimieren, dass sie beispielsweise Nährstoffe effizienter
nutzen, eine höhere Verträglichkeit gegenüber Trockenheit und hohen
Temperaturen aufweisen. So könnten Bäume gezüchtet werden, die auf
nährstoffarmen Böden ein optimales Wachstum und somit einen erhöhten Holzertrag
erbringen. Sie könnten zudem auch an Standorten wachsen, die für
Nahrungspflanzen nicht in Frage kommen. Eine Auseinandersetzung, wie sie bei Energiepflanzen
wie Mais oder Raps geführt wird, würde sich bei Bäumen zudem erübrigen. Die
„Teller-Tank-Diskussion“ wäre gleich um zwei wesentliche Streitpunkte
entschärft.
In diesem
Zusammenhang wird vielerorts daran geforscht, den Rohstoff Holz nicht
ausschließlich einer thermischen Verwertung (Verbrennung als Hackschnitzel oder
Pellets) zuzuführen, sondern mit Hilfe von Genome-Editing so zu
optimieren, dass eine Mehrfachnutzung möglich wird: Eine Möglichkeit: Die
Herstellung von Biokraftstoff. Das Problem: Der Hauptbestandteil verholzender
Pflanzen ist Lignozellulose – ein komplexes Geflecht aus verschiedenen
Biopolymeren: Zellulose, Hemizellulosen und Lignin. Um daraus Biotreibstoffe
herstellen zu können, muss dieses äußerst stabile Stoffgemisch erst entwirrt
und in kleinere Einheiten zerlegt werden. Ein schwieriges Vorhaben. Zellulose
und Lignin machen zusammen bis zu 80 Prozent der Pflanzenmasse aus. Lignin,
dessen Anteil bis zu 30 Prozent betragen kann, sorgt für die Stabilität der
Pflanze. Für die Herstellung von Bioethanol oder anderen flüssigen Kraftstoffen
ist jedoch nur die Zellulose von Interesse. Zunächst muss diese also vom Lignin
getrennt und aus dem Holz gewonnen werden. Dies geschieht bislang unter
Anwendung chemischer Mittel, ist energieaufwändig, teuer und belastet die
Umwelt. Anschließend kann der eine Teil – Lignin – verbrannt werden und so
thermische Energie liefern. Der andere – Zellulose – ist als Rohstoff nutzbar,
nicht nur für Bioethanol, sondern auch um daraus Papier herzustellen.
Konventionelle
Züchtungsprogramme, bei denen verschiedene Elternlinien gekreuzt werden, sind
schon allein wegen der langen Generationszeiten schwierig. Es dauert in der
Regel mehrere Jahre, bis junge Bäume blühen und Samen hervorbringen. Heute
setzt man daher zunehmend auf die Genome
Editing-Verfahren. Mit ihnen sind gezielte Veränderungen einzelner Gene und
DNA-Bausteine möglich. Wenn geeignete Ziele im Genom bekannt sind – Gene oder
Genabschnitte, die den komplexen Stoffwechselweg zu Lignin steuern – können
diese so „umgeschrieben“ werden, dass weniger Lignin und mehr Zellulose
gebildet wird. Vor allem bei Bäumen würde eine erfolgreiche Anwendung von Genome
Editing einen enormen Zeitgewinn bedeuten.
Amerikanischen
Wissenschaftlern ist es bereits gelungen, den Ligningehalt von Pappeln um 20
Prozent zu senken. Dafür haben sie bestimmte, am Prozess der Ligninbildung
beteiligte Gene mit Hilfe von CrisprCas9 verändert oder abgeschaltet. In einem
anderen Forschungsprojekt wurde in den Syntheseweg von Lignin eingegriffen, so
dass die Pflanzen eine veränderte Ligninstruktur aufwiesen. Der
Gesamt-Ligningehalt in den so veränderten Pflanzen hatte sich zwar kaum
verringert, aber der Anteil bestimmter Lignin-Bestandteile in den Zellwänden
war deutlich reduziert. Die Bäume schienen dieses Defizit durch den Einbau von
mehr Zellulosefasern zu kompensieren: Der Gesamt-Zellulosegehalt der Zellwände
war in diesen Bäumen um 12 Prozent höher im Vergleich zu den Kontrollbäumen.
Außerdem enthielt die Holz-Biomasse 62 Prozent mehr einfache Zucker. Insgesamt
konnte aus diesen Pappeln bis zu 49 Prozent mehr Ethanol gewonnen werden.
Auch konnte CRISPR/Cas9
erfolgreich angewendet werden, um den Winkel von Seitensprossen zu
beeinflussen. Veränderte Bäume wiesen eine aufrechtere Statur auf, was dazu
genutzt werden könnte, mehr Bäume pro Flächeneinheit anzupflanzen. Andere
Studien berichten über eine erfolgreiche Mutation essentieller Blütengene, die
bei männlichen und weiblichen Pappelgenotypen zu einer verfrühten Blütenbildung
führen. Schließlich ist es in einer weiteren Studie gelungen, das Geschlecht
von weiblichen Zitterpappeln so zu verändern, dass männliche Blütenorgane
gebildet wurden, die darüber hinaus auch noch befruchtungsfähig waren.
Links:
https://www.transgen.de/forschung/1511.pappel-nachwachsender-rohstoff.html
https://www.biooekonomie-bw.de/fachbeitrag/dossier/lignin-ein-rohstoff-mit-viel-potenzial
https://nph.onlinelibrary.wiley.com/doi/full/10.1111/nph.13470
https://www.theresonance.com/genetic-modification-to-improve-bioconversion-of-aspen-wood-to-ethanol/
https://biotechnologyforbiofuels.biomedcentral.com/articles/10.1186/s13068-017-0972-0
https://onlinelibrary.wiley.com/doi/full/10.1111/j.1365-3040.2012.02558.x
http://umu.diva-portal.org/smash/record.jsf?pid=diva2%3A762183&dswid=-8797
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/24656832
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC4931242/
https://www.mdpi.com/1422-0067/20/15/3623/htm
https://literatur.thuenen.de/digbib_extern/dn060910.pdf
https://literatur.thuenen.de/digbib_extern/dn061163.pdf
Politische Einordnung:
https://www.frontiersin.org/articles/10.3389/fpls.2018.01957/full
https://onlinelibrary.wiley.com/doi/full/10.1111/ppl.12740