Kakao
Virusresistenz Swollen-Shoot-Disease (CSSD)
Rund 50
Millionen Menschen leben weltweit vom Kakaoanbau. Klimawandel und eine
gefährliche Viruserkrankung bedrohen zunehmend deren Existenz. Genome Editing
bietet vielversprechende Möglichkeiten im Kampf gegen diese Gefahr.
Gleich mehrere
vom Klimawandel getriebene Faktoren setzen den Kakaobäumen in Westafrika zu. So
sind es zum einen die unregelmäßigen Regenfälle, die für die Pflanzen Stress
bedeuten. Es regnet zu wenig, wenn sie das Wasser nötig brauchen, während es in
anderen Zeiten zu viel regnet. Alles bei steigenden Temperaturen. Zum anderen dezimiert neben altbekannten Krankheiten ein
noch wenig bekannter Feind die Kakaobäume: Es ist die Swollen-Shoot-Disease
(CSSD), eine aggressive Viruserkrankung.
CSSD versetzt die westafrikanische Kakaoindustrie in
Alarm. Allein in Ghana sind nach Schätzungen im Jahr 2018 rund 300 000 Hektar
Anbaugebiet, eine Fläche größer als das Saarland, an CSSD erkrankt. Die
Elfenbeinküste, der weltweit größte Kakaoproduzent, könnte in wenigen Jahren
mehr als die Hälfte ihrer Kakaoerträge durch Viren verloren haben.
Die Viren werden von Läusen übertragen. Nach einer
Inkubationszeit von etwa sieben Wochen zeigen sich erste Symptome. Der Baum
stirbt nach ein bis drei Jahren ab.
Ging man früher davon aus, dass nur ein einzelnes
Virus, nämlich das Cacao-Swollen-Shoot-Virus (CSSV) verantwortlich für die
Krankheit ist, weiß man mit Fortschritt der Genforschung heute, dass eine ganze
Reihe verschiedener Spezies des sogenannten Badnavirus deren Verursacher sind.
Die meisten dieser Viren kommen in Afrika vor, die Pflanze selbst stammt aus
Lateinamerika. Das heißt, die CSSD auslösenden Viren sind in Afrika heimisch.
Die Kakaopflanze ist es nicht und hat sich somit nicht an die Umgebung in
Afrika anpassen können. Eine Folge ist, dass sie keine natürlichen Resistenzen
gegen die heimischen Viren besitzt.
Der Ursprung des Kakaobaumes ist das Amazonasgebiet,
von wo ihn die Kolonialmächte Mitte des 19. Jahrhunderts nach Westafrika
brachten. Die klimatischen Bedingungen Westafrikas mit hohen Temperaturen und
viel Niederschlag machten die Gegend schnell zum Weltführer im Anbau der
Pflanze. Die Viren sind vermutlich schon vor Jahrzehnten von afrikanischen
Pflanzen auf den nicht angepassten Neuankömmling aus Südamerika übergesprungen.
Doch erst jetzt scheint es mit voller Wucht zuzuschlagen.
Ob der sehr
spezifischen Bedingungen, die sie für ihre Entwicklung benötigen, wachsen die
sensiblen Kakaobäume nur in Regenwäldern rund 20 Kilometer nördlich und südlich
des Äquators. Nur hier herrschen die klimatischen Voraussetzungen, damit die
Bäume gedeihen und entsprechende Früchte tragen. Doch gerade in diesen Ländern
wird das Klima durch die globale Erwärmung und großflächige Rodungen trockener
und unbeständiger.
Die US-Wetter-
und Ozeanografie-Behörde NOAA hat ausgerechnet, dass 2050 fast 90 Prozent der
aktuellen Ertragsflächen in Ghana und der Elfenbeinküste aufgrund der
steigenden Temperaturen und der damit einhergehenden Trockenheit zum Kakaoanbau
nicht mehr geeignet sein werden. Die beiden Länder sind die größten
Kakao-Produzenten, mehr als die Hälfte aller gehandelten Kakaobohnen stammen
von hier.
Eine
Verlagerung der Kakaoplantagen in dann klimatisch bessere, meist höher gelegene
Regionen wäre schon deshalb schwierig, weil die entsprechenden Gebiete in Ghana
und der Elfenbeinküste bereits als gefährdete Ökosysteme eingestuft worden
sind, große Flächen von Regenwald würden vernichtet werden.
Krankheiten und Schädlinge zerstören schon jetzt jährlich mehr als ein
Drittel der weltweiten Kakaoernte, Tendenz steigend. Das trifft viele
westafrikanische Länder hart, denn Kakao ist eines ihrer wichtigsten
Exportgüter. So wird beispielsweise in Ghana mehr als ein Drittel des
Bruttoinlandsprodukts durch dessen zumeist kleinbäuerliche Produktion
erwirtschaftet. Rund 50 Millionen Menschen leben weltweit vom Kakaoanbau. Ein
von Klimawandel und Pflanzenkrankheiten verursachter Niedergang der Produktion
wäre eine wirtschaftliche und politische Katastrophe.
Wissenschaftlerinnen
und Wissenschaftler arbeiten an Möglichkeiten, dieses Szenario abzuwenden. Die
Entwicklung von Kakaosorten, die widerstandsfähiger gegenüber Trockenheit und
Krankheiten sind, ist eine wesentliche Strategie zur Bekämpfung dieser
Bedrohung. Den Möglichkeiten des Genome Editing, insbesondere CRISPR/Cas9, wird
hierbei großes Potential zugeschrieben.
Eine Basis
dafür bietet die Kenntnis über das Genom der Kakaopflanze. Es wurde 2008 vom
US-amerikanischen Kakaolabor, betrieben vom Nahrungsmittelhersteller Mars Inc.
und dem amerikanischen Landwirtschaftsministerium USDA entschlüsselt und allen
Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern weltweit zur Verfügung gestellt.
Unter Leitung
von Prof. Dr. Jennifer Douda, eine der Erfinderinnen der CRISPR-Technologie,
arbeiten Wissenschaftler am Innovative Genomics Institute (IGI), einer
gemeinnützigen Forschungsorganisation, die aus einer Partnerschaft zwischen
University of California-Berkeley und University of California-San Francisco
hervorgegangen ist, an möglichen Wegen, auch langfristig die Nachhaltigkeit des
Kakoanbaus zu gewährleisten. Das vorrangige Ziel dabei ist, Kakaobäume an die
veränderten Klimabedingungen anzupassen. Dafür nutzen sie CrisprCas9.
Übergeordnet
untersucht das IGI die verschiedenen Anwendungen von CRISPR und ihre ethischen
und gesellschaftlichen Auswirkungen. Dessen Landwirtschaftsteam wiederum setzt
sich mit Lösungsstrategien zu der Frage auseinander, wie bis 2050 10 Milliarden
Menschen ernährt wer-den können, die ungefähr die gleiche Menge Land wie jetzt
nutzen, selbst wenn der Klimawandel viele landwirtschaftliche Regionen belastet.
Auch
Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler am Department of Plant Science und am
Huck Institute of Life Sciences der Pennsylvania State University, USA arbeiten
mithilfe von CRISPR/Cas daran, den Kakaobaum
widerstandfähiger gegen Krankheiten zu machen. Sie haben in den Kakao-Pflanzen
ein Gen (TcNPR3) identifiziert, dass die Reaktion der Pflanze auf Krankheiten
unterdrückt. Mit Einsatz von CRISPR/Cas9 konnten sie es ausschalten. Bis zum
Kakaobaum mit verbesserter Krankheitsabwehr ist noch viel Forschungsarbeit
nötig. Die Resultate zeigen jedoch schon jetzt, dass CRISPR/Cas
vielversprechende Möglichkeiten eröffnen kann, die Kakaopflanzen gegen die
Gefahren des Klimawandels zu wappnen.
Quellen:
Climate change could threaten cocoa production: Effects of 2015-16 El
Niño-related drought on cocoa agroforests in Bahia, Brazil
https://journals.plos.org/plosone/article?id=10.1371/journal.pone.0200454
Climate & Chocolate
https://www.climate.gov/news-features/climate-and/climate-chocolate
CRISPR put to work to save chocolate from devastation
https://news.berkeley.edu/story_jump/crispr-put-to-work-to-save-chocolate-from-devastation/
The Genomics, Genetics and BreedingResource for Cacao Improvement
https://www.cacaogenomedb.org/
The proposed new species, cacao red vein virus, and three previously
recognized badnavirus species are associated with cacao swollen shoot disease
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC5649073/
New Project to Create Disease-Resistant Cacao
https://innovativegenomics.org/news/new-project-to-create-disease-resistant-cacao/
CRISPR/Cas9-mediated targeting of Cacao swollen shoot virus DNA
https://ismpmi.confex.com/ismpmi/2019/meetingapp.cgi/Paper/2532
CRISPR technology is being used to save Cacao from Climate Change
https://www.youtube.com/watch?v=OQqgOmd5Omo
Cocoa CRISPR: Gene editing shows promise for improving the ‚chocolate tree‘