GENTECHNISCH VERÄNDERTE LEBENS- UND FUTTERMITTEL
RECHTSGRUNDLAGEN - EUROPÄISCHE REGELUNGEN
Die rechtlich
verbindlichen Handlungsinstrumente der Europäischen Union sind Richtlinien,
Verordnungen und Entscheidungen. Darüber hinaus können die Organe der EU-Empfehlungen
aussprechen und Stellungnahmen abgeben:
EU-Richtlinien
setzen einen EU-weit gültigen rechtlichen Rahmen. Sie müssen in den einzelnen
EU-Mitgliedstaaten in nationales Recht umgesetzt werden. So wurden z. B. die
Freisetzungsrichtlinie 2001/18/EG und die Systemrichtlinie 2009/41/EG durch das
Gentechnikgesetz (GenTG) in das deutsche Recht umgesetzt.
EU-Verordnungen
gelten unmittelbar in allen EU-Mitgliedstaaten. Eine Umsetzung in nationales
Recht ist nicht erforderlich. Es ist jedoch möglich, dass auf Grund einer
EU-Verordnung weitere nationale Regelungen erlassen werden müssen, damit z. B.
nationale Zuständigkeiten oder Aufgaben geregelt werden können, die sich aus
einer solchen EU-Verordnung für die Mitgliedsstaaten ergeben. So leiten sich
beispielsweise aus der Verordnung über genetisch veränderte Lebens- und
Futtermittel 1829/2003/EG Aufgaben ab, die in Deutschland per Gesetz dem BVL
zugewiesen sind.
EU-Entscheidungen
sind hingegen nur für den in der Entscheidung angesprochenen Sachverhalt und
den entsprechenden Adressaten verbindlich und ähneln den so genannten
Verwaltungsakten im deutschen Recht. So hat die EU beispielsweise über die
Ausgestaltung von Unterlagen entschieden, die einem Antrag auf Genehmigung einer
Freisetzung oder eines Inverkehrbringens nach der Freisetzungsrichtlinie
beiliegen müssen.
EU-Empfehlungen
und Stellungnahmen sind rechtlich nicht verbindlich im Unterschied zu z. B.
Gesetzen oder Verordnungen. Sie sind jedoch häufig eine EU-weit abgestimmte
Grundlage für die Auslegung und Anwendung von europäischen rechtlichen
Regelungen.
Besonders
hervorzuheben:
Die
Freisetzungsrichtlinie 2001/18/EG bildet zusammen mit der Systemrichtlinie
2009/41/EG das Grundregelwerk des europäischen Gentechnikrechts. Die
Systemrichtlinie regelt den Umgang mit gentechnisch veränderten Organismen und
Mikroorganismen innerhalb gentechnischer Anlagen, wie etwa Laboren. Die
Freisetzungsrichtlinie erfasst neben Organismen und Mikroorganismen auch Tiere
und Pflanzen und legt unter anderem die rechtlichen Bedingungen für
Feldversuche und bestimmte Formen des Inverkehrbringens fest. Diese
EU-Richtlinie wurde durch das Gentechnikgesetz in deutsches Recht umgesetzt.
Seit dem 7.
November 2003 sind in den EU-Mitgliedstaaten die Verordnungen (EG) Nr.
1829/2003 und (EG) Nr. 1830/20023 über genetisch veränderte Lebens- und
Futtermittel rechtskräftig. Sie regelt in erster Linie deren Genehmigung,
Sicherheitsbewertung und Kennzeichnung. Im Gegensatz zu herkömmlichen Lebens-
und Futtermitteln müssen Produkte, die unter diese Verordnung fallen, ein
spezielles Genehmigungsverfahren durchlaufen. Die Zulassungen sind auf zehn
Jahre befristet, können aber verlängert werden.
Die Verordnungen
schreibt vor, dass Lebens- und Futtermittel, die aus zugelassenen GVO bestehen
oder aus GVO hergestellt wurden, als genetisch verändert gekennzeichnet werden
müssen. Die Kennzeichnungspflicht wird auch dann ausgelöst, wenn gentechnisch
verändertes Material analytisch im Produkt nicht mehr nachweisbar ist, wie z.B.
in raffinierten Ölen oder in modifizierter Stärke. Ausgenommen von der
Kennzeichnungspflicht sind Produkte, die weniger als 0.9 % gentechnisch
veränderte Bestandteile enthalten, wenn der Eintrag der gentechnisch veränderten
Bestandteile als zufällig oder technisch unvermeidbar anzusehen ist.
In den
Regelungsbereich der Verordnung fallen Lebensmittel, Zutaten, Zusatzstoffe und
Aromen, die GVO sind, die GVO enthalten und solche, die aus GVO hergestellt
werden oder Zutaten enthalten, die aus GVO hergestellt werden, sowie
Futtermittel und Futtermittelzusatzstoffe, die aus GVO bestehen, solche
enthalten oder aus GVO hergestellt wurden.
Vom
Anwendungsbereich ausgenommen sind derzeit u. a. Lebensmittel, Zutaten und
Zusatzstoffe, die nicht „aus“ sondern „mit Hilfe“ von GVO hergestellt werden
und keine direkten Bestandteile eines GVO enthalten. Darunter fallen
Lebensmittel tierischer Herkunft wie Fleisch, Milch und Eier, die von Tieren
stammen, die gentechnisch veränderte Futtermittel erhalten haben, sowie
Fermentationsprodukte gentechnisch veränderter Mikroorganismen.
Durch die
Richtlinie (EU) 2015/412 wird die Freisetzungsrichtlinie insoweit modifiziert,
als dass den Mitgliedsstaaten nun die Möglichkeit eingeräumt wird, den Anbau gentechnisch
2veränderter Pflanzen in ihrem Hoheitsgebiet unter bestimmten Bedingungen zu
beschränken oder zu untersagen. Nach der so genannten Opt out-Richtlinie (EU)
2015/412 vom 11. März 2015 können die Mitgliedstaaten den Anbau gentechnisch
veränderter Pflanzen auf ihrem Hoheitsgebiet beschränken oder ganz verbieten,
auch wenn eine Anbauzulassung auf EU-Ebene besteht. Die Mitgliedstaaten können
dabei in zwei Phasen tätig werden:
Phase 1: Noch
während das EU-Verfahren für die Zulassung eines gentechnisch veränderten
Organismus (GVO) läuft, können die Mitgliedstaaten den Antragsteller über die
Kommission auffordern, den Anwendungsbereich des Antrags so zu beschränken,
dass ihr Hoheitsgebiet oder Teile davon vom Anbau ausgenommen werden. Äußert
sich der Antragsteller nicht oder stimmt er zu, wird der Anwendungsbereich für
den Anbau automatisch eingeschränkt. Widerspricht er, so findet in dieser Phase
keine Einschränkung statt.
Phase 2:
Nachdem die Anbauzulassung für einen GVO erteilt wurde, können die Mitgliedstaaten
unter Berufung auf bestimmte zwingende Gründe den Anbau des GVO in ihrem
Hoheitsgebiet oder Teilen davon beschränken oder untersagen.
Richtlinien:
Richtlinie 2001/18/EG des Europäischen Parlaments und
des Rates vom 12. März 2001 über die absichtliche Freisetzung genetisch
veränderter Organismen in die Umwelt und zur Aufhebung der Richtlinie
90/220/EWG
Richtlinie (EU) 2015/412 des Europäischen Parlaments und
des Rates vom 11. März 2015 zur Änderung der Richtlinie 2001/18/EG zu der den
Mitgliedstaaten eingeräumten Möglichkeit, den Anbau von gentechnisch
veränderten Organismen (GVO) in ihrem Hoheitsgebiet zu beschränken oder zu
untersagen Text von Bedeutung für den EWR („Opt out“)
Richtlinie 2009/41/EG des europäischen Parlaments und
des Rates vom 6. Mai 2009 über die Anwendung genetisch veränderter
Mikroorganismen in geschlossenen Systemen (Neufassung)
Verordnungen
Verordnung (EG) Nr. 178/2002 des Europäischen Parlaments und
des Rates vom 28. Januar 2002 zur Festlegung der allgemeinen Grundsätze und
Anforderungen des Lebensmittelrechts, zur Errichtung der Europäischen Behörde
für Lebensmittelsicherheit (EFSA) und zur Festlegung von Verfahren zur
Lebensmittelsicherheit
Verordnung (EG) Nr. 1829/2003 des Europäischen Parlaments und
des Rates vom 22. September 2003 über genetisch veränderte Lebensmittel und
Futtermittel
Verordnung (EG) Nr. 1830/2003 des Europäischen Parlaments und
des Rates vom 22. September 2003 über die Rückverfolgbarkeit und Kennzeichnung
von genetisch veränderten Organismen und über die Rückverfolgbarkeit von aus
genetisch veränderten Organismen hergestellten Lebensmitteln und Futtermitteln
sowie zur Änderung der Richtlinie 2001/18/EG
Verordnung (EG) Nr. 1946/2003 des Europäischen Parlaments und
des Rates vom 15. Juli 2003 über grenzüberschreitende Verbringungen genetisch
veränderter Organismen
Verordnung (EG) Nr. 65/2004 der Kommission vom 14. Januar 2004
über ein System für die Entwicklung und Zuweisung spezifischer Erkennungsmarker
für genetisch veränderte Organismen
Verordnung (EG) Nr. 641/2004 der Kommission vom 6.April 2004
mit Durchführungsbestimmungen zur Verordnung (EG) Nr. 1829/2003 des
Europäischen Parlaments und des Rates hinsichtlich des Antrags auf Zulassung
neuer gentechnisch veränderter Lebensmittel und Futtermittel, der Meldung
bestehender Erzeugnisse und des zufälligen oder technisch unvermeidbaren
Vorhandenseins genetisch veränderten Materials, zu dem die Risikobewertung
befürwortend ausgefallen ist
Verordnung (EG) 1981/2006 der Kommission vom 22. Dezember
2006 mit Durchführungsbestimmungen zu Artikel 32 der Verordnung (EG) Nr.
1829/2003 des Europäischen Parlaments und des Rates über das gemeinschaftliche
Referenzlaboratorium für gentechnisch veränderte Organismen
Verordnung (EU)
2018/848
des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. Mai 2018 über die
ökologische/biologische Produktion und die Kennzeichnung von
ökologischen/biologischen Erzeugnissen sowie zur Aufhebung der Verordnung (EG)
Nr. 834/2007 des Rates
Verordnung (EG) Nr. 619/2011 der Kommission vom 24. Juni 2011
zur Festlegung der Probenahme- und Analyseverfahren für die amtliche
Untersuchung von Futtermitteln im Hinblick auf genetisch veränderte
Ausgangserzeugnisse, für die ein Zulassungsverfahren anhängig ist oder deren
Zulassung abläuft
Quellen und links:
http://www.juraforum.de/lexikon/eu-verordnung
https://www.vetion.de/gesetze/Gesetzestexte/Gentech_EG.htm?mainPage=1
https://www.vis.bayern.de/ernaehrung/lebensmittelsicherheit/gentechnik/gentechnikverordnung.htm
https://www.biotech-gm-food.com/gvo-gesetze/
https://www.biotech-gm-food.com/gvo-gesetze/verfahren/beschluesse/
https://www.lgl.bayern.de/rubrikenuebergreifende_themen/gentechnik/gentechnik_recht_eu.htm
https://www.zkbs-online.de/ZKBS/DE/08_Rechtsgrundlagen/Rechtsgrundlagen_node.html
http://www.umweltbundesamt.at/umweltsituation/gentechnik/gentechnikgesetze/euregulations/
http://www.bfr.bund.de/de/zulassung_genetisch_veraenderter_lebens__und_futtermittel-2394.html
https://www.bfn.de/0301_rechtgrund.html
http://www.eu-info.de/europa/eu-richtlinien-verordnungen/