Statements – Stellungnahmen - Kommentare
Kommissionsstudie-Studie zur Anpassung des europäischen Gentechnikrechts
Deutsche Forschende begrüßen Einschätzung der EU-Kommission zur Anpassung des europäischen Gentechnikrechts
Die
EU-Kommission hat eine Studie über den Status der neuen Züchtungstechniken
veröffentlicht, die Basis für weitere Beratungen über eine Neuregulierung des
EU-Gentechnikrechtes sein soll. Ein solcher Schritt ist aus unserer Sicht
ausdrücklich zu begrüßen, denn wie auch in der Studie festgestellt wird, ist
die derzeitige GVO-Gesetzgebung, die 2001 verabschiedet wurde, für diese
innovativen Technologien nicht geeignet. Eine Reform der alten
Gentechnik-Gesetzgebung ist längst überfällig. Wissenschaftlich schon seit
vielen Jahren überholt, blockiert sie neue, bessere Verfahren wie das Genome
Editing – sowohl in der Pflanzenforschung wie auch in der Pflanzenzüchtung.
Außerhalb der Europäischen Union haben deshalb bereits viele Länder ihre Vorschriften
angepasst.
Ø Die
Richtlinie 2001/18/EC (EU-Gentechnikgesetz), basiert auf dem Wissen des letzten
Jahrhunderts und wird dem aktuellen Stand von Wissenschaft und Technik nicht
gerecht. Genome Editing hat dagegen eine große Anwendungsbreite: Es kann
Punktmutationen, das Einfügen und Herausnehmen einzelner Nukleotide oder auch
größere Genomänderungen, wie z.B. das Einfügen arteigener oder artfremder Gene
bewirken. Eine pauschale juristische Festlegung ist deshalb nicht sinnvoll.
Ø Die
Bewertung muss sich am Resultat – also der entstandenen Pflanze – und nicht am
Prozess ihrer Herstellung – also am Eingriff ins Genom – orientieren.
Andernfalls müssten nämlich genetisch identische – aber mit unterschiedlichen
Verfahren gezüchtete – Pflanzen unterschiedlich eingestuft und reguliert
werden. Hier muss somit differenziert werden: Die Einstufung als gentechnisch
veränderter Organismus (GVO) bzw. Nicht-GVO sollte durch eine
Fall-zu-Fall-Entscheidung erfolgen.
Ø Der
Nachweis, ob eine genetische Veränderung durch Genome Editing entstanden ist
oder durch natürliche Mutation, ist oft nicht möglich. Mit der aktuellen
EU-Gesetzgebung kann eine Kennzeichnung von Erzeugnissen aus genomeditierten
Pflanzen durch Kontrollen nicht durchgesetzt werden.
Ø Ein
verantwortungsvoller Umgang mit technologiebedingten Entwicklungen bedeutet,
die positiven und negativen Effekte gegeneinander abzuwägen und zu beobachten
um ggf. steuernd einzugreifen. Das Vorsorgeprinzip darf dabei nicht an
spekulative Risiken anknüpfen, sondern ist wissenschaftsbasiert anzuwenden.
Auch die Ablehnung einer Technologie mit großem Potential muss ethisch
verantwortet werden.
Ø Wird
die GVO-Gesetzgebung nicht dem aktuellen Stand der Wissenschaft angepasst, ist
Genome Editing in der EU chancenlos. Profiteure sind große, multinationale
Konzerne, die in der Lage sind, die hohen Hürden der aktuellen
Gentechnik-Gesetzgebung unter erheblichem (finanziellen) Aufwand zu nehmen.
Ø Aus
einer Nicht-Anpassung des EU-Gentechnikgesetzes ergeben sich dauerhafte
Nachteile für Forschung und Entwicklung.
· Dringend
benötigte klimaresiliente und krankheitsresistente oder ertragreichere Pflanzen
können nicht zeitnah gezüchtet werden.
· Durch
den Wegfall von Forschungsförderung droht ein massiver Know-how-Verlust in
Europa.
· Vorrangig
junge, hervorragend ausgebildete WissenschaftlerInnen wandern ab, weil sie in
Europa keine Entwicklungsmöglichkeiten mehr sehen.
· Vielversprechende
Möglichkeiten zur Erreichung der Nachhaltigkeitsziele auf lokaler und globaler
Ebene bleiben ungenutzt.
Die Anpassung
des Gentechnikrechtes muss auf europäischer Ebene erfolgen. Wir fordern die
Politik daher auf, sich auf europäischer Ebene für eine faktenbasierte
Überarbeitung der Richtlinie 2001/18/EC einzusetzen, die ein differenziertes
Herangehen ermöglicht.
Konkrete
Vorschläge, wie eine entsprechende Anpassung aussehen kann, finden sich
beispielsweise im ► Impulspapier von VBIO/WGG dessen Inhalte von allen
UnterzeichnerInnen mitgetragen werden.
Wir werden uns
als WissenschaftlerInnen gerne auch weiterhin aktiv an einem konstruktiven und
faktenbasierten Dialog beteiligen.
Prof. Dr. Andreas Weber
Deutsche Botanische Gesellschaft (DBG)
Exzellenzcluster CEPLAS
Tel: 0211 81-12347
Mail: andreas.weber@uni-duesseldorf.de
Prof. Dr. Gabriele Krczal
Gesellschaft für Pflanzenbiotechnologie (GfPB)
Tel.: 06321 671 1301
gabi.krczal@agroscience.rlp.de
Prof. Dr. Maria von Korff Schmising
Gesellschaft für Pflanzenzüchtung e.V. (GPZ)
Tel: 0211 81-13350
Mail: maria.korff.schmising@hhu.de
Prof. Dr. Karl-Josef Dietz
Verband Biologie, Biowissenschaften und Biomedizin in Deutschland e. V. – VBIO
Tel: 0521 106 5589
Mail: karl-josef.dietz@uni-bielefeld.de
30.04.2021
Prof. Dr. Klaus-Dieter Jany
Wissenschaftlerkreis Grüne
Gentechnik e.V. (WGG)
Tel:
07247-888590
Mail: jany@wgg-ev.de
Prof. Dr. Jens Boch
Institut für Pflanzengenetik
Leibniz Universität Hannover
Tel: 0 511 762 4082
Mail: jens.boch@genetik.uni-hannover.de
Prof. Dr. Stephan Clemens
Lehrstuhl Pflanzenphysiologie
Universität Bayreuth
Tel: 0921-55 2630
Mail: stephan.clemens@uni-bayreuth.de
Prof. Dr. Holger Puchta
Botanisches Institut
Karlsruher Institut für Technologie
(KIT)
Tel: 0721 60848894
Mail: holger.puchta@kit.edu