Gutachten zu Forschung, Innovation und technologischer Leistungsfähigkeit Deutschlands 2024

► EFI – Expertenkommission Forschung und Innovation (2024): 

 

Die Expertenkommission analysiert die Lage zur Forschung, Innovation und technologischer Leistungsfähigkeit in Deutschland zum Teil im Vergleich zu weltweiten Entwicklungen und geben Empfehlungen an die Bundesregierungen. Ihre Kernthemen für 2024 sind

  • Neue Technologien für eine nachhaltige Landwirtschaft
  • Internationale Mobilität im Wissenschafts- und Innovationssystem
  • Soziale Innovationen – wesentliches Element zur Bewältigung gesellschaftlicher Herausforderungen
  • Künstliche Intelligenz 

Innovationen im Pflanzenbau: Präzisionstechnologien und Gentechnik für mehr Nachhaltigkeit

Das neue Jahresgutachten der Expertenkommission Forschung und Innovation (EFI) wurde heute am 28.02.2024 an Bundeskanzler Olaf Scholz übergeben. Darin beschäftigt sich die EFI auch mit neuen Technologien für eine nachhaltige Landwirtschaft. 

Die Landwirtschaft steht vor großen Herausforderungen – Potenziale durch neue Präzisionstechnologien stärker ausschöpfen – Rechtsrahmen zu Grüner Gentechnik ist überholt.

Die Landwirtschaft steht vor großen Herausforderungen

Die Landwirtschaft steht derzeit vor großen Herausforderungen: das globale Bevölkerungswachstum, die Anpassung an den Klimawandel, der Rückgang landwirtschaftlicher Flächen sowie Biodiversitätsverlust und Grundwasserbelastung, die durch die Landwirtschaft selbst verursacht werden. Professor Till Requate von der Universität Kiel und Mitglied der Expertenkommission stellt klar: „Die Landwirtschaft muss in Zukunft größere Mengen an Nahrungsmitteln mit weniger umweltbelastenden Betriebsmitteln wie Pflanzenschutz- und Düngemitteln produzieren. Und das bei gleichzeitig schrumpfenden Flächen und sich verändernden Klimabedingungen. Im neuen EFI-Gutachten zeigen wir, dass der Einsatz von Präzisionstechnologien und ‚Smartfarming‘ sowie Produkte der Grünen Gentechnik helfen können, mit diesen vielfältigen Herausforderungen umzugehen und damit die Transformation der Landwirtschaft voranzubringen.“
Potenziale durch neue Präzisionstechnologien stärker ausschöpfen

Digitale und smarte Technologien können in der Landwirtschaft u.a. eingesetzt werden, um Betriebsmittel präziser auszubringen und damit beispielsweise Pflanzenschutz- und Düngemittel einzusparen. Präzisionstechnologien tragen über diese Einsparungen auch zu einer geringeren Belastung der Umwelt durch die Landwirtschaft bei. „Einige Betriebe nutzen bereits Technologien wie Farm-Management-Systeme oder digital unterstützte Landmaschinen. Einer breiten Nutzung solcher Technologien stehen jedoch noch Hürden im Weg“, erklärt Professorin Irene Bertschek vom ZEW Mannheim sowie Mitglied der Expertenkommission. Zu diesen Hürden zählen u.a. die hohen Anschaffungskosten der Präzisionstechnologien und die Tatsache, dass der Einsatz von Pflanzenschutz- und Düngemitteln vergleichsweise billig ist, aber gleichzeitig die negativen Umwelteffekte nicht hinreichend berücksichtigt werden. „Damit neue, umweltschonende Präzisionstechnologien vermehrt eingesetzt werden, bedarf es einer Abgabe auf Pflanzenschutz- und Düngemittel“, fordert daher Professor Uwe Cantner von der Universität Jena und Vorsitzender der Expertenkommission.

Weitere Hürden stellen Kompatibilitätsprobleme zwischen Produkten unterschiedlicher Hersteller und unzureichende Infrastrukturen bei der Vernetzung sowie bei der Erfassung und Nutzung von Daten dar. „Um die Potenziale digitaler und smarter Technologien voll ausschöpfen zu können, sollte ein deutschlandweiter, einheitlicher Datenraum für die Landwirtschaft geschaffen werden“, fordert Cantner weiter.

Rechtsrahmen zu Grüner Gentechnik ist überholt

Die Grüne Gentechnik kann dazu eingesetzt werden, Nutzpflanzen so anzupassen, dass sie klimaresilienter, nahrhafter sowie nährstoffreicher sind und einen geringeren Einsatz von Pflanzenschutz- und Düngemitteln erfordern. Insbesondere Entwicklungen in der Genomeditierung ermöglichen eine präzise Umsetzung solcher Anpassungen. Somit könnte die Grüne Gentechnik genutzt werden, um beispielsweise zu den Zielen des Green Deal beizutragen. „In Deutschland und der EU bleibt das Potenzial jedoch ungenutzt aufgrund eines nicht zeitgemäßen und inkonsistenten Rechtsrahmens, der nicht wissenschaftlich fundiert ist“, erläutert Bertschek.

Dieser Rechtsrahmen schränkt nicht nur die Forschung in der Biotechnologiebranche, sondern auch die Wettbewerbsfähigkeit der landwirtschaftlichen Produktion in der EU ein. „Aus diesem Grund muss der derzeit gültige Rechtsrahmen überarbeitet und eine vom Züchtungsverfahren unabhängige Regulierung etabliert werden, da keine verfahrensinhärenten Risiken festgestellt werden können“, betont Cantner. „Ein weiteres großes Hemmnis bei der Nutzung Grüner Gentechnik ist die geringe Akzeptanz in der Bevölkerung, die daher wissenschaftlich fundiert zur Grünen Gentechnik informiert werden muss. Eine solche Kommunikationsstrategie der Bundesregierung sollte sich auch in einer konsistenten Gesetzgebung widerspiegeln“, führt Requate aus.

► Expertenkommission Forschung und Innovation (EFI)

Pressemeldungen:

► Pressemitteilung der Expertenkommission Forschung und Innovation (EFI) anlässlich der Übergabe des Jahresgutachten: Transformationsorientierte F&I-Politik: Transformation und Krisenbewältigung nicht gegeneinander ausspielen

► Laufmann P.: Forscher: Landwirtschaft muss Smart Farming und Gentechnik mehr nutzen

 

Für den WGG ist das Kernthema „Neue Technologien für eine nachhaltige Landwirtschaft“ mit ihren Empfehlungen von besonderer Bedeutung:

  • Die Ausbringung von Pflanzenschutz- und Düngemitteln sollte nach dem Vorbild Dänemarks mit einer Abgabe belegt werden. 
  • Die digitale Infrastruktur in ländlichen Regionen muss ausgebaut werden. 
  • Die Bundesregierung sollte einen über die Bundesländer hinweg einheitlichen Datenraum für die Landwirtschaft schaffen und klare Regelungen zu Datenschutz sowie Datenhoheit verabschieden. 
  • Die Bundesregierung sollte Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen im Umgang mit digitalen und smarten Technologien ausbauen und finanziell unterstützen. 
  • Hinsichtlich der Grünen Gentechnik bedarf es einer wissenschaftlich fundierten und koordinierten Kommunikationsstrategie der Bundesregierung, die sich auch im politischen Handeln widerspiegelt. 
  • Die Bundesregierung sollte dem von der EU-Kommission vorgelegten Vorschlag zur differenzierten Regulierung von genomeditierten Pflanzen bei der Abstimmung im Europäischen Rat zustimmen. 
  • Langfristig sollte sich die Bundesregierung bei der EU für eine vom gentechnischen Verfahren unabhängige Regulierung der Grünen Gentechnik einsetzen.

 

05.03.2024

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