Tomate

Tomate mit erhöhtem Gehalt an Vitamin D

Tomaten mit erhöhtem Gehalt an Vitamin D

John Innes Centre (JIC), Großbritannien

Seoul National University (SNU), Süd-Korea

 Das Problem

  • Eine Milliarde Menschen weltweit leiden bisweilen unter gravierendem Vitamin D-Mangel (z.B. Bevölkerung Europa ca. 40%; Afrika: ca. 30%)
  • Eine über längere Dauer unzureichende Vitamin D-Versorgung ist lebensgefährlich
  • Vitamin D wird bei ausreichender Sonneneinstrahlung über die (unbedeckte) Haut gebildet und in geringerem Maße mit der Nahrung aufgenommen
  • Menschen mit stark pigmentierter Haut können Vitamin D weniger gut aufnehmen
  • Prinzipiell wenige Vitamin D-Quellen in der Nahrung
  • Vitamin D kommt vor allem in tierischen, kaum jedoch in pflanzlichen Nahrungsmitteln vor
  • Mangel-Schäden: schweren Störungen des Knochenwachstums mit bleibenden Verformungen des Skeletts bei Kindern, erhöhte Infektanfälligkeit; Knochenverformungen und -schmerzen sowie Osteoporose, Bluthochdruck, Diabetes Typ-2, Immunproblemen, Demenz und erhöhtes Risiko für bestimmte Krebsarten

Die Idee

  • Tomaten – günstig, leicht anzubauen, gut verfügbar – mit Provitamin D anreichern, um durch ihren Konsum die globale Vitamin D-Versorgung zu unterstützen.
  • Möglicher Zusatznutzen: Aus den Blättern kann das Provitamin D extrahiert werden und zur Herstellung von Vitamin D-Präparaten dienen.

Die Umsetzung

Wissenschaftlern ist es gelungen, durch die Ausschaltung eines einzigen Gens mithilfe von CRISPR/Cas9 den Vitamin D-Gehalt von Tomaten – in Früchten und Blättern – deutlich zu steigern. Mit dieser sogenannten Biofortifikation (= Anreicherung des Nährstoffgehalts von Nahrungsmitteln durch Züchtung) kann dem weltweiten Vitamin-D-Mangel entgegengewirkt werden.

Pflanzen sind per se keine besonders ergiebigen Vitamin D-Quellen. Tomaten bilden zwar eine Vitamin-Vorstufe (Provitamin D3), aber diese entsteht vorwiegend in den Blättern und nur in geringeren Mengen in unreifen Früchten.

Wissenschaftler des John Innes Centre (JIC) entdeckten, dass es sich hierbei um einen Schutzmechanismus der Pflanze handelt: Das Enzym (Sl7-DR2) baut das Provitamin D3 in andere Pflanzenstoffe, die Esculeosiden, um. Diese unterstützen die Abwehr vor Schädlingen und Krankheitserregern.

Die Forschenden machten sich diese Erkenntnis zunutze und legten mithilfe der Genschere CRISPR/Cas9 genau jenes Gen still, das dieses Enzym produziert. Das Resultat: Das Provitamin D3 wurde nicht länger umgewandelt, sondern reicherte sich in den Blättern und Früchten der editierten Pflanzen an. Wurden diese anschließend mit UV-Licht (im Freiland = Sonnenlicht) bestrahlt, wandelt sich das Provitamin in Vitamin D3 um.

Die Tomaten enthielten im Mittel rund zwei Mikrogramm Vitamin D3, etwas so viel wie 28 Gramm Thunfisch oder zwei mittelgroße Eier. Der tägliche Verzehr von zweieinhalb bis sieben dieser Tomaten würde so die von der Weltgesundheitsorganisation empfohlene Tagesmenge liefern.

Darüber hinaus wäre es möglich, den noch deutlich höheren Vitamin-D-Gehalt der Blätter – beim Anbau von Tomaten gewöhnlich Abfallmaterial – zu nutzen und für vegane Vitamin-D-Zusätze zu extrahieren. Pro Gramm Trockengewicht enthalten die Blätter bis zu 200 Mikrogramm Vitamin D. Das ist bedeutend höher als die Menge in Höhe von 0,3 Mikrogramm pro Gramm Trockengewicht in den Tomaten selbst. Die von der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit empfohlene tägliche Zufuhrmenge für Erwachsene beträgt 100 Mikrogramm Vitamin D und für Kinder 50 Mikrogramm.

Im Gewächshaus hatte das Abschalten des Gens keinerlei negativen Auswirkungen auf Wachstum, Entwicklung und Ertrag der Pflanzen. Diese Studienerfahrungen werden nun unter Freilandbedingungen – die Feldstudien finden seit 2022 in Großbritannien statt – abgesichert.

Der in den Tomaten entdeckte Syntheseweg, so die Erkenntnis der Forschenden, existiert auch in anderen Nachtschattengewächsen, wie Paprika, Kartoffel oder Aubergine. Diese Gemüsesorten könnten ebenfalls so verändert werden, dass sie größere Mengen von Provitamin D3 enthalten. Daran arbeiteten die Wissenschaftler des John Innes Centre bereits.

 

Einen ähnlichen Ansatz verfolgt ein Forschungsteam aus Südkorea: Mit der Gen-Schere wurde ein einziges Gen ausgeschaltet, wodurch eine noch höhere Akkumulation von Provitamin 3, insbesondere in den Früchten erreicht werden konnte. Ziel ist hier, die genomeditierten Tomaten 2026 für den Verkauf freigeben zu können.       (sas)

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