AFBV-Stellungnahme vom 21.Mai 2024

AFBV-STELLUNGNAHME ZU DEN NGT-GESPRÄCHEN IM EU-MINISTERRAT

Die AFBV ist sich der erheblichen Anstrengungen bewusst, welche die belgische Präsidentschaft unternommen hat, um die EU-Mitgliedstaaten dazu zu bewegen, sich auf einen Kompromissvorschlag zur Änderung des NGT-Vorschlags der Kommission vom 5. Juli 2023 zu einigen, der in den kommenden Tagen diskutiert werden wird. In dieser Hinsicht verfolgt der EU-Ministerrat einen ähnlichen Weg wie das EU-Parlament, indem er versucht Änderungen vorzunehmen, um eine qualifizierte Mehrheit der Mitgliedsstaaten zu erreichen. Das Haupthindernis für das Erreichen einer qualifizierten Mehrheit im EU-Rat scheint jedoch nach wie vor die Frage der Patente zu sein.

In diesem Zusammenhang möchten wir den Rat an die Anmerkungen des AFBV zu den Änderungsanträgen des EU-Parlaments erinnern:

In mehreren Änderungsanträgen stimmte das Parlament am 7. Februar und erneut am 24. April 2024 dafür, die Patentierbarkeit von NGT-1-Pflanzen und -Produkten zu verbieten (ein Verbot, das auch auf Pflanzen und Produkte ausgedehnt wurde, die derzeit vom Geltungsbereich der GVO-Gesetzgebung ausgenommen sind).

Darüber hinaus fordert das Parlament die Kommission auf, bis spätestens Juni 2025 einen Bericht über „die Rolle und die Auswirkungen von Patenten auf den Zugang von Züchtern und Landwirten zu nachgezüchteten Vermehrungsmaterial sowie auf die Innovation und insbesondere auf die Chancen für KMU“ vorzulegen.

  1. Die AFBV erkennt zwar an, dass gewerbliches Eigentum (IP) zu Schwierigkeiten führen kann, aber es ist notwendig, den Erfindern einen wesentlichen Innovationsschutz zu bieten und gleichzeitig Züchtern und Landwirten den Zugang zu pflanzengenetischen Ressourcen zu ermöglichen. Wir sind der Ansicht, dass eine Entscheidung über die Patentierbarkeit oder Nichtpatentierbarkeit von NGT-Pflanzen und -Produkten auf EU-Ebene den Modalitäten folgen sollte, die in der EU gemäß der Interinstitutionellen Vereinbarung über bessere Rechtsetzung vom 12. Mai 2016 gelten. Im Rahmen der besseren Rechtsetzung erfordern alle vorgeschlagenen Vorschriften eine Folgenabschätzung, eine Konsultation der Interessengruppen und der Öffentlichkeit, ein Feedback und eine ex-post-Bewertung der bestehenden Rechtsvorschriften gemäß Abschnitt III.
  1. Wir halten die Forderung nach einem Bericht über die Rolle und die Auswirkungen dieser Patente für gerechtfertigt und sind der Ansicht, dass dieser Bericht und die sich daraus ergebenden Vorschläge abgewartet werden sollten, bevor Gesetzesvorschläge angenommen werden. Die vom Europäischen Parlament vorgeschlagene Frist Juni 2025 bzw. die von der spanischen Präsidentschaft vorgeschlagene Frist „bis spätestens 31. Dezember 2025“ könnte mit dem Inkrafttreten der Verordnung, das nach Juni 2026 erfolgen könnte, vereinbar sein.

Wir fordern den Rat dringend auf, keine Bestimmungen in den NGT-Verordnungsvorschlag aufzunehmen, die sich auf Patente beziehen, die weder einer Folgenabschätzung unterzogen noch mit den betroffenen Interessengruppen diskutiert wurden. Am 5. Juli 2023 hatte die Kommission in den Fragen und Antworten nach der Veröffentlichung des NGT-Vorschlags eingeräumt, dass

„es wichtig ist, einen ausgewogenen Rahmen zu schaffen, der den Zugang von Landwirten und Züchtern zu patentierten Techniken und Material unterstützt, die Saatgutvielfalt zu erschwinglichen Preisen fördert und die Züchtung und den Anbau von nicht patentierten konventionellen und ökologischen Kulturen schützt und gleichzeitig Innovationen in der Pflanzenzüchtung durch die Beibehaltung von Investitionsanreizen, wie z.B. Patenten, stark fördert“.

Die von der Kommission angestrebte Kalibrierung kann durch freiwillige Maßnahmen, die gefördert werden können, und durch eine Auslegungsbekanntmachung (ähnlich der Bekanntmachung vom 8. November 2016*) erreicht werden, ohne dass Änderungen an den bestehenden Rechtsvorschriften erforderlich sind, oder, falls dies unvermeidlich ist, durch überschaubare klarstellende Änderungen. In diesem Zusammenhang haben wir beim AFBV kürzlich eine Kurz- und Langfassung eines Dokuments mit dem Titel „Intellectual Property and New Genomic Technologies: Vorschläge zur Erleichterung der Identifizierung, des Zugangs und der Nutzung von geistigem Eigentum“ veröffentlicht. Unsere Liste mit 11 Vorschlägen lautete wie folgt:

Nr. 1: Schaffung spezifischer NGT-Codes (oder eines neuen „Pflanzenmerkmal“-Codes) in EPA/PCT-Datenbanken

Nr. 2: Verkürzung der Prüfungszeit für ein NGT-Pflanzenpatent im EPA-System

Nr. 3: Ermutigung und Erleichterung von Kommentaren von KMU an das EPA während der Prüfungsphase eines Patents

Nr. 4: Schaffung einer neuen europäischen Plattform, um den Zugang zu NGT-Tools zu ermöglichen

Nr. 5: Eine obligatorische Auflistung des Status von Patenten, die sich auf eine Sorte beziehen können, im offiziellen Katalog oder in der CPVO-Datenbank (für Arten, die nicht im Katalog aufgeführt sind) vorzuschreiben

Nr. 6: Sicherstellen, dass die Züchterausnahme in die Gesetzgebung aller Mitgliedsstaaten aufgenommen wird

Nr. 7: Forderung, dass die Züchterausnahme alle Stufen von der Forschung (einschließlich der Verwendung von NGT-Techniken) bis hin zur Sorteneintragung und Saatguterzeugung, die der Vermarktung vorausgehen, abdeckt

Nr. 8: Ermutigung der Unternehmen, die NGT-Pflanzen entwickeln, Mitglied der derzeitigen Lizenzierungsplattformen (ILP-Vegetable und ACLP) zu werden

Nr. 9: Streichung (oder Auslegung) des Kriteriums des erheblichen wirtschaftlichen Interesses für Zwangslizenzen

Nr. 10: Forderung, dass der „Haftungsausschluss“ nicht nur für die Pflanze gilt, die ein einheimisches Gen oder Merkmal enthält, sondern auch für das entsprechende Gen und Merkmal

Nr. 11: Den Geltungsbereich des Züchterprivilegs auf neue Arten (Gemüsepflanzen) ausdehnen und klarstellen, dass der Landwirt den Züchterrechtsinhaber nur dann entschädigen muss, wenn die Sorte abgedeckt ist

Wir sind der festen Überzeugung, dass es im Interesse der EU liegt, dass Züchterrechts- und Patentsystem im Interesse der Förderung der europäischen Innovation bei der Verbesserung von Kulturpflanzen friedlich nebeneinander bestehen können. Die AFBV-Vorschläge oder Varianten dieser Vorschläge können zu Ergebnissen führen, die kurz- und mittelfristig die berechtigten Anliegen aller Beteiligten befriedigen sollten. Es könnte auch eine eingehendere Studie durchgeführt werden, um die Vereinbarkeit der beiden Arten des Schutzes geistigen Eigentums zu konsolidieren. Aus den oben genannten Gründen drängt der AFBV darauf, dass der NGT-Vorschlag der Kommission vom EU-Rat mit bescheidenen, klarstellenden Änderungen und ohne Bezugnahme auf Maßnahmen zum Schutz des geistigen Eigentums angenommen wird, die jene besser durch andere Mittel erreicht werden können, die der Kommission zur Verfügung stehen.

Kontakt: Gil Kressmann – 06 83 46 55 33 – gil.kressmann@wanadoo.fr

ASSOCIATION FRANÇAISE DES BIOTECHNOLOGIES VÉGÉTALES (AFBV)

23/25 rue Jean-Jacques Rousseau – 75001 Paris

afbv.secretariat@gmail.com – www.biotechnologies-vegetales.com

Übersetzung ins deutsche mit freundlicher Genehmigung durch die AFBV

 

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